Tag 1 (Sa): Anreise und Check-In
Der Anfang war wettertechnisch nicht berauschend: "Na ja, warum zu Hause im Regen radeln, wenn man das in Sizilien doch auch kann", habe ich mir bei der abendlichen Ankunft am Flughafen Catania ironisch und ein bisschen enttäuscht gedacht. Schließlich war ich ja aus unserem trüben April-Grau daheim in der Hoffnung auf viel südliche Sonne aufgebrochen.
Der freundliche Empfang hat die Stimmung dann aber wieder etwas gehoben. Der bei Anreisen am Samstag im Reisepreis inkludierte Bustransfer zum Hotel hat tadellos geklappt und beim Check-In an der Rezeption wurde man gleich auf Deutsch begrüßt. Schnell stellte sich dann echte Vorfreude ein beim Anblick der Informationstafeln im Eingangsbereich: Zum Rennradprogramm, den geplanten Ausfahrten, den Zusatzangeboten wie Workshops etc. Bei der Übergabe der Zimmerkarte gibt's noch den Hinweis, dass diese auch den Zugang zum benachbarten bzw. gegenüber liegenden Restaurant, sowie zum Pool und dem hoteleigenen Strand ermöglicht.
Und die Zimmer sind wirklich schön! Der versprochene "seitliche Meerblick" bedeutet, dass man das Meer zwar nur in der Ferne sieht, aber immerhin ohne sich dabei den Kopf verrenken zu müssen und somit doch ziemlich verlockend ... Sieht so weit also alles ganz gut aus, mal sehen, was die nächsten Tage bringen.

Sieht hübsch und komfortabel aus, mein Unterwegs-Zuhause für die kommende Woche (Bild: MBR)
Tag 2 (So): Erstes Beschnuppern ...
Der Sonntag ist hier in Marina di Modica der klassische Einführungs- und Kennenlerntag, die geführte Ausfahrt - sprich: der Guide - heute gratis. Erstmal wird aber das Mietrad in der Garage abgeholt, wo es abseits der Ausfahrten gut versperrt an der Wand hängt. Hier gibt's auch eine Werkstatt und eine Verpflegungsstation, an der ich mich gleich mit Iso-Getränken eindecke. Das Sandwich und die Banane für unterwegs stammen vom Frühstücksbuffet, das ist so vorgesehen.
Beim Frühstück haben wir auch erfahren, dass die eigentlich immer für 10 Uhr geplante Ausfahrt wetterbedingt um eine Stunde verschoben wird und dass es außerdem heute bei der kürzeren Etappe mit 50 km bleiben wird. Die 100 km lange Alternativrunde, die sonst auch zur Wahl steht, will man heute lieber nicht riskieren. Trotz flexibel angepasstem Tagesablauf hat uns dann unterwegs doch noch ein Regenguss erwischt - der prompt wieder aufgehört hat, sobald wir im Hotel zurück waren. Perfektes Timing halt ;-)
Abends gibt es dann erst die "offizielle" Begrüßung im Seminarraum hinter dem Radshop im Nebengebäude, wo übrigens auch die Coupons für die geführten Ausfahrten erhältlich sind. Das Kennenlernen haben wir da schon hinter uns gebracht. Ich habe mich einer Gruppe junger Mädels aus Deutschland angeschlossen. Zusammen lockern wir die sonst eher männlich dominierte Gruppendynamik ein bisschen auf (und senken außerdem den Altersschnitt um ein paar Jahre). So ganz trauen uns die Herren wohl nicht zu, dass wir mithalten können, aber da werden wir ihnen schon noch das Gegenteil beweisen!
(43 km, 255 Hm)

Stimmungsvoller Sonnenuntergang am Meer - fast kitschig schön! (Bild: B. Wiesinger)
Tag 3 (Mo): Große Runde durch die Region Ragusa
Am Montag dann die erste "normale" Ausfahrt. Das läuft so ab, dass man sich immer am Vorabend in einer Liste für die Tour des gewünschten Schwierigkeitsgrads einträgt. Jede Gruppe soll maximal 15 Teilnehmer haben, gibt es (was aber selten vorkommt) für eine Variante zu viele Interessenten, wird von den Guides behutsam umverteilt, sodass trotzdem niemand über- oder unterfordert wird.
Wir radeln heute die Etappe über Pozzallo, Ispica, Rosolini, Modica und Scicli und sehen dabei einiges von der Landschaft, sowohl an der Küste (Achtung, da ist es windig!) als auch im Landesinneren (hier nicht so sehr). Auffallend ist auch der Unterschied bei den Straßenverhältnissen: An der Küste öfter etwas holprig mit Schlaglöchern, landeinwärts sind die Straßen in sehr gutem Zustand. Insbesondere dort, wo der "Giro" vorbeikommt, gibt's immer frischen Asphalt. Überhaupt merkt man im Straßenverkehr und am Verhalten der uns begegnenden Autofahrer immer wieder, dass die Italiener richtige Radfans sind.
Ein lobendes Wort auch noch zum Abendessen: Es gibt täglich Salat und Antipasti vom Buffet, "primo" und "secondo piatto" am Tisch serviert (nach Menüauswahl am Vortag) und eine reichliche Auswahl an süßen Nachspeisen wieder vom Buffet. Abnehmen werden wir wohl eher nicht während unseres Aufenthalts, so viel steht schnell fest!
(105 km, 1216 Hm)

Zum Pausieren und Flanieren wie gemacht sind die schönen Altstädte entlang der Strecke (Bild: B. Wiesinger)
Tag 4 (Di): Rennradeln an der Küste & Baden im Meer
Am Dienstag haben wir nachgeholt, was eigentlich als lange 100-Kilometer-Tour für den Einführungstag geplant gewesen wäre: An der Küste nach Westen, nach Santa Croce und Scoglitti (ein wunderschönes Hafenstädtchen!), über Marina di Ragusa (ein bisschen "touristisch") zurück zum Hotel. Dort haben wir uns dann trotz der spärlichen 15°C im Bikini ins Meer gestürzt - während die Einheimischen noch in der Winterjacke am Strand herumspaziert sind. Kann sein, dass sie uns für ein bisschen verrückt gehalten haben, aber da das Wetter jetzt doch endlich schöner geworden ist, wollten wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Ebenso wenig übrigens wie das Angebot für Stretching und Yoga, das es im Hotel immer dienstags und donnerstags gibt.
(105 km, 841 Hm)

Echt fotogen zeigt sich hier mein Glitzerflitzer wie er so lässig vor den Wellen posiert (Bild: B. Wiesinger)
Tag 5 (Mi): Ruhetag - vom Radeln wenigstens ;-)
Ein ziemlich geschäftiger Ruhetag war das am Mittwoch! Erstmal ging es per Taxi nach Modica zum Sightseeing. Der prachtvolle Duomo San Giorgio ist natürlich ohnehin nicht zu übersehen und auch die zweite große Kirche, den Duomo di San Pietro Apostolo, haben wir besichtigt. Nach diesem kurzen Kulturprogramm dann aber ab zur Verkostung der berühmten regionalen Schokolade - und noch so mancher anderer typisch sizilianischen Köstlichkeit.
Für den Abend hat sich unsere Mädels-Gruppe noch zu einem (rein weiblichen, auch der Guide!) Workshop angemeldet. Ja, meine Herren, wir wissen jetzt, wie man selbst einen Schlauch wechselt! Ganz gemütlich haben wir schließlich den Tag am Hotelpool ausklingen lassen.

Am "Ruhetag" heißt es Treppen steigen, denn der berühmte Dom von Modica will besichtigt werden (Bild: madeinitaly4k)
Tag 6 (Do): Die Königsetappe nach Castelluccio
Der Donnerstag wird immer für die "Königsetappe" reserviert, da nach dem Ruhetag ja (hoffentlich) alle gut erholt sind. Wir Mädels haben obendrein ein "Upgrade" erhalten, das heißt, wir sind in einer noch etwas anspruchsvolleren Gruppe gelandet als von uns geplant. 7 Kilometer Anstieg nach Castelluccio! Die meisten Anstiege auf unseren Routen sind zwar nicht sehr steil, aber sie können sich ganz schön ziehen - so wie eben auch heute. Allerdings hat es sich gelohnt! Wir haben bei dieser Etappe viel vom echten sizilianischen Hinterland gesehen: Die Felsformationen und Höhlenbehausungen auf dem Weg nach Castelluccio, die schon erblühte Natur mit den vielen gelben und roten Farbflecken ... Die Stadt Noto, die ja so berühmt für ihre Barockarchitektur ist, haben wir nicht direkt passiert, aber ihre eindrucksvolle "Skyline" von Weitem bewundern können.
Auf dem letzten Stück (was bei der Königsetappe bedeutet auf den letzten 40 Kilometern) bin ich dann noch etwas ins Leere getreten: Probleme mit der Schaltung, das Zugseil kurz vorm Reißen - natürlich alles wieder zu richten, trotzdem wird mein Renner gleich ausgetauscht, damit es beim Finale morgen sicher keine Probleme gibt.
(111 km, 1535 Hm)

Im idyllischen Landesinneren hört man mancherorts beinahe das Gras wachsen (Bild: M. Ossino)
Tag 7 (Fr): Zum krönenden Abschluss nach Ragusa Ibla
Die Freitagsetappe war ein wirklich schöner Abschluss meiner sizilianischen Rennrad-Trainingswoche! Da ging es nach Ragusa Ibla. Dafür musste auf dem Hinweg über Scicli zwar wieder ein zäher Anstieg bewältigt werden, aber das war es auf jeden Fall wert! Wie in Modica haben sie auch hier einen Dom namens San Giorgio, der bei unserer Cappuccino-Pause mitten in der Altstadt gemeinsam mit dem erfrischenden Brunnen davor eine ganz prächtige Kulisse abgegeben hat.
Meine kleine Panne zwischendurch hat den Tag gar nicht beeinträchtigt: Ich hatte nämlich einen Platten - und hätte mir auch durchaus zugetraut, das Problem selber zu beheben, wären mir nicht die mitradelnden Herren zuvorgekommen. So schnell konnte ich gar nicht vom Rad steigen, hatten sie mir schon den Vorderreifen abmontiert: Ein Boxenstopp bei der Formel 1 ist nichts dagegen! Nach der Rückkehr ins Hotel war's dann aber ohnehin Zeit die Mieträder wieder abzugeben, nachdem wir diese vorher noch alle eigenhändig blitzblank geputzt haben.
Eine offizielle Abschiedsveranstaltung gibt es nicht, aber wie schon an den meisten Abenden davor haben wir es uns auch am letzten noch einmal in unserem "Stammlokal" am Hauptplatz von Marina di Modica gemütlich gemacht. Böse Zungen meinen ja, diejenigen, die später in der Nacht ein Erdbeben gespürt haben, hätten in Wahrheit dabei ein bisschen zu tief ins Glas geschaut. Aber es stimmt schon: Ein Erdbeben der Stärke 5,2 wurde Freitag nachts im nicht allzu weit entfernten Malta gemessen. Sowas kann sich schon einmal bemerkbar machen im Land am Fuß des Ätna.
(86 km, 1239 Hm)

Und manchmal ist es fast schade, dass man nicht zwei Richtungen zugleich einschlagen kann (Bild: B. Wiesinger)
Tag 8 (Sa): Arrivederci Sicilia!
Ja, das ist vielleicht ein kleiner Wermutstropfen beim Rückblick auf meine Sizilienreise: Die Ätna-Etappe, die nur bei wirklich erstklassigen Wetterbedingungen angeboten wird, hat sich leider nicht ergeben. Aber heute beim Rückflug von Catania nach Wien meinen das Wetter und der Pilot es noch einmal gut mit mir und ermöglichen mir zum Abschied einen Blick auf den feuerspeienden (heute aber ganz friedlichen) Riesen, der mich dazu einzuladen scheint, auf jeden Fall noch einmal wieder zu kommen ...