1) Genital- und Poschmerzen
Schmerzen im Genital- und Gesäßbereich sind vermutlich bei jeder oder jedem schon einmal aufgetreten. Da der Kontaktpunkt Sattel-Gesäß den Großteil des Gewichts während der Fahrt trägt, sind Poschmerzen bei den ersten Touren aufgrund mangelnder Gewöhnung obligatorisch. Mit der Zeit und vielen Kilometern ändert sich das und das Gesäß gewöhnt sich an die anfänglich ungewohnte Belastung. Treten weiterhin Probleme auf, kann es sich um einen falschen Sattel handeln. "Dass der von vornherein verbaute Sattel auch passt, ist ein Glücksspiel. Die Investition in einen neuen Sattel ist deshalb immer zu überlegen. Bei Schmerzen im Genitalbereich lohnt sich beispielsweise ein Sattel mit Entlastungszonen und Aussparungen", rät Dr. Kim Tofaute. Kaufinteressierte sollten bei der Auswahl zudem Form, Größe, Geschlecht und Fahrstil einbeziehen. Für die Tour hat der Fachmann auch einen Tipp: "Hin und wieder aus dem Sattel gehen und das Gesäß entlasten." Zudem spielt die Kleidungswahl eine wichtige Rolle: Jeans können aufgrund ihrer Nähte auf längeren Touren zu Reibungen führen. "Radhosen sind zu empfehlen oder Sportunterwäsche ohne Nähte. Dann drückt auch nichts."
Mit einem "maßgeschneiderten" Sattel haben Sie aufs richtige Pferd gesetzt (Bild: ergonbike.com, pd-f)
2) Rückenschmerzen
Rückenschmerzen gehören ebenfalls zu den typischen Problemen beim Radfahren und treten speziell auf ersten längeren Touren auf. "Der Körper muss sich auf anfänglich ungewohnte Belastungen einstellen. Also lieber häufiger fahren und Pausen machen, als gleich mit einer Gewalttour starten", sagt Tofaute. Außerdem sei auf einen geraden Rücken und eine entspannte Haltung zu achten. "Es lohnt sich, die Einstellung des Rades zu überprüfen. Oft sind es nur kleine Punkte, die geändert werden müssen. Dabei unterstützen Video-Tutorials oder spezielle Tools, wie zum Beispiel die Fitting-Box", so der Experte. Sein Tipp für unterwegs: Pausen machen und dabei den Rücken entspannen oder leichte Rückenübungen machen.
Das Kreuz mit dem Kreuzweh: Regelmäßige bewusste Entspannung hilft! (Bild: Pedalo)
3) Nackenschmerzen
Der Nacken gehört vor allem für Menschen mit sitzender Tätigkeit zu den Problembereichen. Nicht nur beim Radfahren ist es deshalb wichtig, den Nackenbereich regelmäßig zu entspannen. "Eine Nackenmassage oder spezielle Gymnastik abseits des Rades bewirkt schon erste Besserung", meint der Experte. Regelmäßige Pausen, etwa jede halbe Stunde, oder Änderungen der Griffposition können während der Tour Abhilfe schaffen. Ein weiteres Problem kann laut Tofaute der Helm sein: "Wenn der Helm nicht richtig passt, hält man den Kopf unbewusst schief, was schlecht für den Nacken ist." Außerdem rät der Experte gerade im Frühjahr dazu, ein leichtes Halstuch zu tragen: "Das minimiert die Zugluft und verhindert eine Auskühlung."
Kopf hoch! Mit ein paar einfachen Maßnahmen geht es Nackenschmerzen an den Kragen (Bild: Pedalo)
4) Taube Hände
Lastet zu viel Druck auf den Händen oder ist das Handgelenk abgeknickt, können Hände und Finger während der Radtour schnell taub werden. Mit steigendem Alter kommt die Problematik eines Karpaltunnel-Syndroms hinzu. "Um die Problembereiche zu stärken, bietet sich Fitnesstraining wie Yoga oder Gymnastik an. Jeden Tag eine Übung kann schon helfen", so Tofaute. Er empfiehlt zusätzlich einen Wechsel zu ergonomischen Griffen mit einer größeren Auflagefläche und Hörnchen, sogenannten "Barends", für unterschiedliche Griffpositionen. "Auch sollte man über einen Lenkertausch nachdenken. Viele Trekkingbikes haben sportliche Mountainbike-Lenker. Ein etwas gebogenerer Lenker sorgt dafür, dass Druck von den Händen genommen wird." Gepolsterte Handschuhe sind ebenfalls eine Option und schützen zudem bei einem Sturz vor aufgeschürften Händen.
Alles im Griff dank achtsamen Umgangs mit dem Lenker - bzw. den Lenkerinnen-Händen (Bild: ergonbike.com, pd-f)
5) Knieschmerzen
Knieschmerzen sind in der Regel eine Einstellungssache. Ein zu tief eingestellter Sattel führt zu einem spitzen Kniewinkel beim Einstieg in die Druckphase und damit zu ungünstigen Kraftverhältnissen rund um die Kniescheibe. Ein zu hoch eingestellter Sattel hingegen bringt oft eine Überstreckung des Knies mit sich und reizt dabei gerne Ansätze der hinteren Muskulatur. Ein richtig eingestellter Sattel sorgt dafür, dass der Druck auf die Knie minimiert wird", erklärt der Experte. Zur besseren Kraftübertragung und für eine große Standfläche rät er, möglichst breite Pedale und feste Schuhe zu kombinieren. Außerdem sollte nicht mit zu schweren Gängen gefahren, sondern vielmehr auf eine hohe Trittfrequenz geachtet werden.
Wenn Sie sich richtig (gut positioniert) reinknien, können Sie nichts falsch machen (Bild: Pedalo)
6) Muskelkater
Schon während der Tour wird das Treten schwerer, die Oberschenkel brennen - den Muskelkater spürt man dann aber erst richtig am nächsten Tag. Dieser Effekt kann laut Tofaute zwei Gründe haben: Erstens eine Übersäuerung, weil man sich bei der Tour überschätzt hat. Zweitens mangelnde Bewegung, weil der Körper die Belastungen noch nicht kennt. Beides kann man schnell steigern, wenn man öfter das Rad nutzt. Dennoch rät der Experte zu einem langsamen Herantasten: "Zwischendurch auch während der Fahrt einmal die Beine lockern und bei Pausen dehnen oder hochlegen. Auf gute Regeneration nach der Tour achten. Auch beginnt man bei Überanstrengung stark zu schwitzen. Dagegen hilft viel zu trinken, um so für eine gute Durchblutung zu sorgen."
Das Radeln auch am nächsten Tag noch in den Wadeln zu spüren muss nicht sein! (Bild: Pedalo)
7) Taube Füße
Laut Tofaute können taube Füße oftmals mit falschen Schuhen zusammenhängen. Zu kleine Schuhe sorgen für Druckstellen. "Füße schwellen zudem während der Fahrt etwas an. Nachschnüren lohnt sich deshalb oder die Schuhe während einer Pause ausziehen und so die Durchblutung fördern", sagt Tofaute. Gerade Frauen leiden bei Touren oft unter kalten Füßen, was sich auf die Kraftübertragung auswirkt. "Frischhaltefolie um die Fußspitzen oder ein bisschen Zeitung im Schuh sorgt dafür, dass die Füße nicht so schnell auskühlen", so ein Insider-Tipp des Ergonomie-Experten. Für bessere Kraftübertragung und Entlastung der Füße sorgen spezielle ergonomische Fahrradschuheinlagen oder richtig eingestellte Klickpedale, für die es übrigens ebenfalls spezielle Einstellhilfen gibt. "Taube Füße können aber auch auf eine zu stark geneigte Sattelnase zurückgehen. Daraus resultiert eine ungeeignete Hüftstellung, wodurch die Nerven komprimiert werden." Auch eine falsche Sitzhöhe kann Probleme in diesem Bereich bereiten.
Taube Füße klingen gar nicht gut ;-) Lieber auf gute Radschuh-Ratschläge hören (Bild: J. Suria)
8) Beckenschmerzen
Beckenschmerzen können unterschiedliche Ursachen haben, z. B. drückt der Sattel zu stark in die Weichteile oder das Becken wird beim Pedalieren verdreht. "Deshalb ist es wichtig, dass die Sitzposition stimmt. Nicht nur in der Höhe, sondern auch die Sattelneigung muss passen", so der Experte. Außerdem seien viele Radfahrende einfach zu "hüftsteif". Mit Dehnübungen und Gymnastik wird die Muskulatur gestärkt und Schmerzen verhindert. "Tägliches Dehnen von zwei Minuten ist dabei ausreichend. Das kann jede:r zu Hause machen." Wenn Schmerzen bei einer Tour auftreten, die Übungen einfach bei Pausen einstreuen. Sollten die Schmerzen jedoch chronisch werden, ist medizinischer Rat gefragt.
Nicht so verkrampft! Mit lockerem Hüftschwung sollte man/frau den "Radweg" entlangtänzeln ... (Bild: Pedalo)
9) Unspezifische Schmerzen
Der ganze Körper schmerzt, man fühlt sich schlapp, hat aber keine Ahnung, warum das so ist? "In diesem Fall sollte man darauf achten, dass man während der Tour genügend isst und trinkt", meint Tofaute. Wenn die Probleme häufiger auftreten, sollte man sie genau lokalisieren und näher untersuchen lassen. Es können beispielsweise auch Schäden am Herz die Ursache sein. Dann am besten einen Arzt konsultieren. "In so einem Fall bloß nicht auf Dr. Google hören", warnt der Fachmann.
Schmerzen fallen nicht vom Himmel - die Wurzel allen Übels findet im Zweifelsfall ein Arzt (Bild: A. Tymoshchuk)
10) Ermüdung
Bei den ersten Touren nach dem Winter ist auf einmal der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr weiterkommt und keine Kraft auf die Pedale bringt. Sportler:innen sprechen dann gerne vom "Blaufahren", der Körper ist also so ermüdet, dass er keine Kraft mehr aufbringen kann. "Viele schätzen sich falsch ein und wissen nicht, wo die Grenzen liegen. Deshalb sollte man lieber mit kleinen Touren anfangen, Lockerungen und Pausen einplanen und dabei viele Kohlenhydrate wie Müsliriegel und Sportnahrung zu sich nehmen", rät Tofaute. Aber auch die Intensität der Tour kann die Ermüdung nach hinten schieben. "E-Biker:innen können beispielsweise eine andere Unterstützung wählen oder anders schalten, um einen anderen Trainingseffekt zu erzielen. Im Grund steht eines über allem: Spaß haben."
Damit aus "müde" nicht "zum Umfallen müde" wird, rechtzeitig einen Gang runter schalten! (Bild: Pedalo)
10+) Fernweh ;-)
Mehr ein psychisches als ein physisches Zwicken aber in seiner Gefährlichkeit bei mangelhafter Medikation doch nicht zu unterschätzen. Unsere empfohlene Therapie: Nicht nur den täglichen Weg zur Arbeit mit dem Rad zurücklegen, sondern durchaus auch hin und wieder in die Ferne schweifen. Vorzugsweise im Rahmen einer PEDALO Radreise, versteht sich.